Historische Kriminalpost
Hallo!
In der letzten Post habe ich von der Wahl zur Nationalversammlung erzählt (hier kannst Du es lesen), von ihren ersten Tagen und dem Ende 1849. Zeitgleich mit der deutschen Nationalversammlung wurde auch eine preußische Nationalversammlung gewählt, um für Preußen eine Verfassung zu erarbeiten. Doch schon die ersten Sitzungen sind von Streitigkeiten geprägt. Das Volk wird immer unruhiger. So kommt es am 14. Juni zum Sturm auf das Zeughaus in Berlin.
Nur eine Woche später gehen in Paris die Arbeiter auf die Barrikaden und werden in blutigen Kämpfen geschlagen. Knapp vier Monate nach dem Ausbruch ist die Revolution in Frankreich fast schon wieder vorbei und auch in den deutschen Staaten kehrt das Militär zurück in die Städte. Der Ruf nach Sicherheit und Ordnung ist lauter als der Wunsch nach Freiheit und Demokratie.
Zum Schluss dieser historischen Kriminalpost stelle ich Dir diesmal die Erinnerungsstätte in Rastatt vor. Ein Besuch zum Stadtfest, das vom 19.-21. Juli 2024 stattfindet, kann ich nur empfehlen.
Im Juni 1848 ist die Stimmung in Berlin angespannt. Die preußische Nationalversammlung hat sich mehrheitlich dagegen entschieden, die Revolution und die Barrikadenkämpfe zu würdigen. Auch geht das Gerücht um, Gewehre würden aus dem Zeughaus »verschwinden«, der König plane eine Gegenrevolution.
Gerade die Arbeiter, Tagelöhner und Handwerker, die nicht einmal in die Bürgerwehr eintreten dürfen, sehen sich immer weniger von den liberalen Politikern vertreten. Und wenn sie ihre Forderungen nach Arbeit, gerechtem Lohn und Lösen der sozialen Frage nicht im Parlament durchsetzen können, dann wollen sie wenigstens für einen weiteren gewaltsamen Kampf gerüstet sein.
Am 14. Juni eskaliert die Lage. In der Überzeugung, die liberalen und konservativen Politiker würden die Errungenschaft der Barrikadenkämpfe leugnen und sich wieder von der Krone abhängig machen, fordert eine Gruppe junger Menschen die Bürgerwehr auf, den Zugang zum Zeughaus frei zu geben.
Ähnlich der Vorgänge im März löst sich aus der Menge ein Schuss. Die überforderte Bürgerwehr weiß sich nicht anders zu helfen, als zurückzuschießen. Zwei Menschen brechen tödlich getroffen zusammen, die Menge ist entsetzt.
Die eigenen Bürger wenden sich gegen das Volk von Berlin, nicht der König, nicht das Militär. In den folgenden Stunden wird die Menge vor dem Zeughaus immer größer, bis sich die Bürgerwehr angesichts der Masse zurückzieht und die Türen des Zeughauses öffnet. Schnell sind die Waffen verteilt, aber weitere Tumulte bleiben aus. Schon in der Nacht sammelt das herbeigerufene Militär mit der Bürgerwehr zusammen die Waffen wieder ein.
Als Folge des Zeughaussturms ist das Vertrauen in die Bürgerwehr geschwunden. Immer mehr Infanterie wird zurück in die Stadt beordert und von den meisten Bürgern begrüßt. Polizeipräsident von Minutoli tritt ebenso zurück wie die liberale Regierung Camphausen – Hansemann.
Der Zeughaussturm hat die Menschen aufgeschreckt.
Die Bürger fürchten sich vor der Masse der Unterschicht, sie fordern strenge Gesetze, Eindämmung des demokratischen und republikanischen Gedankenguts und haben auf einmal nichts mehr gegen Militär und König.
Die Arbeiter, Handwerker und Tagelöhner, also die gefürchtete Unterschicht, sehen sich von allen Seiten verraten. Ihre Fragen nach Arbeit, gerechtem Lohn, soziale Versorgung werden von den liberalen und konservativen Kräften nicht ernst genommen, also wenden sie sich den radikal-demokratischen und sozialistischen Ideen zu.
Und so ist es auch ein Arbeiteraufstand in Paris, der den letzten Anstoß für die Reaktion, die Umkehr der Revolution von 1848 in Europa, gibt.
Thibault, (1830-1927), Public domain, via Wikimedia Commons
Am 21. Juni löst die konservative, französische Regierung die Nationalwerkstätten auf, die erst einige Monate zuvor eingerichtet wurden, um den Menschen Arbeit zu geben.
Auf einen Schlag stehen mehr als 100.000 Menschen ohne Einkommen und Arbeit auf der Straße. In Paris werden wieder Barrikaden gebaut.
Über 40.000 Aufständische, die meisten sind Arbeiter, kämpfen drei Tage lang gegen eine Übermacht aus Militär und Nationalgarde. Ganze Straßenzüge werden mit Artillerie und Brandsätzen zerstört; 3000 Aufständische und 1600 Soldaten sterben; viele Aufständische werden festgenommen und deportiert.
Das Bild zeigt die Barrikaden gegen die Truppen Lamoricières in der Rue Saint-Maur vor dem Angriff am 25. Juni 1848 und ist eine von sehr wenigen Daguerreotypien der europäischen Revolution 1848/49.
In den deutschen Staaten dauert es noch ein Jahr, bis auch hier die Reaktion vollständig durchgreift.
Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm IV. im April 1849 die Kaiserkrone ablehnt, kommt es an einigen Orten zu Aufständen, wie z.B. in Dresden (hier zu lesen), die schnell niedergeschlagen werden.
Aber die Meuterei der badischen Soldaten in der Festung Rastatt zieht einen Feldzug nach sich, der mit mehreren Schlachten und der dramatischen Belagerung von Rastatt im Juli 1849 endet. Davon erzähle ich in der nächsten historischen Kriminalpost ausführlich.
Heute möchte ich auf die Bundesarchiv-Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Rastatter Residenzschloss und insbesondere auf die Feierlichkeiten in Rastatt an diesem Wochenende (19.– 21.07. ) hinweisen, die im Rahmen des Stadtfestes die Ereignisse vor 175 Jahren mit szenischen Führungen und viel mehr erlebbar machen. Zusätzlich zeigt das Stadtmuseum eine Ausstellung zur Revolution und in der ganzen Stadt gibt es Hinweise und einen Revolutionspfad.
Die Dauerausstellung im Schloss zeichnet anschaulich die Ereignisse der Revolution von 1848/49 nach und ist sehr sehenswert.
Für mich war es ebenso ein besonderes Erlebnis, an den Orten zu stehen, die ich bisher nur aus den Erinnerungen z.B. von Carl Schurz kannte.
Rastatt lohnt auch unabhängig von den revolutionären Ereignissen, auf die ich in der nächsten historischen Kriminalpost eingehe.
Wie gefällt Dir die historische Kriminalpost?
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Bis zur nächsten Post am 18. des Monats
Viele Grüße
Maria