Historische Kriminalpost
Hallo!
Wenn ich dieser Tage durch die Straßen gehe, blinkt und leuchtet es in vielen Fenstern und von den Balkonen herunter. Für mich ist es meist zu viel Gefunkel, aber wie war es vor 175 Jahren in der Vorweihnachtszeit?
Damals gab es in den Straßen Berlins zwar schon Gaslaternen, die jeden Abend angezündet wurden, aber in den Häusern spendeten Kerzen oder Petroleumlampen in der düsteren Zeit nur etwas Licht. Die wenigsten Häuser hatten eine Gasleitung im Haus und konnten die modernen Gaslampen nutzen.
Viele der Traditionen, die wir heutzutage pflegen, entstanden im 19. Jahrhundert. Daher liest Du in der heutigen historischen Kriminalpost ausnahmsweise nichts Kriminelles, sondern viel Weihnachtliches, und am Ende gibt es zwei Rezepte aus einem Kochbuch von 1849.
Hamburg, 1839: Im »Rauhen Haus« scharen sich Ende November die Kinder um den Pastor Johann Heinrich Wichern. Weihnachten ist nicht mehr fern, doch wann, wann endlich feiern sie das große Fest?
Der Theologe hatte das Haus 1833 gründete, um verwahrloste Kinder aufzunehmen und ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. Jedes Jahr aufs Neue können die Kinder Weihnachten kaum erwarten.
Dieses Jahr hat sich der Pastor etwas überlegt: er nimmt ein altes Wagenrad und steckt für jeden Tag vom ersten Advent (wie auch 2024 ist es der 1. Dezember) bis Heiligabend eine rote Kerze auf das Rad. Für die vier Adventssonntag stellt er jeweils eine dicke weiße Kerze auf. Jeden Tag wird nun im Betsaal, wo das Rad / der Kranz unter der Decke hängt, eine weitere Kerze angezündet.
Endlich sind die Tage bis Weihnachten für die Kinder zählbar und greifbar, oder besser gesagt sichtbar.
1839 sind es zufällig 24 Tage, die wir heutzutage für unsere Adventskalender auch verwenden. Doch der damalige Adventskranz richtet sich nach dem 1. Advent und hat mal 22 oder auch 28 Kerzen, abhängig davon, auf welchen Tag Heiligabend fällt.
Die Idee des Kerzenkranzes findet allmählich Einzug in Kirchen und Privathaushalten. Bald kommt Tannengrün als Schmuck dazu, dafür verschwinden die Kerzen für jeden Tag und nur die vier Adventssonntagskerzen bleiben bestehen. Wer hat schon die Möglichkeit, einen Kranz mit einem Durchmesser von ein bis zwei Metern aufzustellen, den es für über 20 Kerzen braucht.
Aber im Rauhen Haus in Hamburg wird die Tradition von Wichern weiterhin gepflegt und man kann heute den Kranz mit 24 Kerzen (2024) besichtigen.
Auch der Adventskalender entwickelt sich in den unterschiedlichsten Formen weiter, seien es 24 Kreidestriche am Türrahmen, von denen jeden Tag einer weggewischt wird, oder eine Adventskerze, die jeden Tag angezündet, nur ein bisschen herunterbrennen darf und 24 Markierungen hat.
Es gibt Weihnachtsuhren, bei denen der Zeiger jeden Tag weitergestellt wird, mit Bibelsprüchen, die auf das Fest deuten und ab 1902 werden sie sogar verkauft. Vorher wurden die Adventskalender mit viel Liebe und Kreativität gebastelt. Und erst ab den 1920er Jahren gibt es den uns so wohlvertrauten Kalender mit den Schokolädchen hinter den Türchen.
Mit seinen immergrünen Zweigen bietet sich der Tannenbaum als Weihnachtsbaum an. Grün steht in der dunklen Zeit als Zeichen für Leben und Hoffnung. Schon im Mittelalter stellt man zu Weihnachten mit Äpfeln, goldgefärbten Nüssen, Datteln und bunten Kugeln geschmückte Bäume auf. In den Zunfthäusern dürfen die Kinder von dem schmackhaften Schmuck naschen. Und ab dem 18. Jahrhundert werden auch Kerzen an den Baum gesteckt.
Mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon verbreitet sich der Tannenbaum auch als Sinnbild des Deutschtums in allen (deutschen) Haushalten und von dort in die Welt. Zuerst wird die Tradition in den Adelshäusern und in der Stadt gepflegt, und wer keinen Platz zum Aufstellen hat (in den beengten Verhältnissen kam das sehr häufig vor), der hängt den Baum an die Decke, meist quer. Dann kommen schon die Kinder nicht unerlaubt an die Leckereien.
1848 wird ein Bild von Queen Victoria, Prinz Albert (von Coburg, als einem Deutschen) und ihren Kindern mit einem Weihnachtsbaum im Hintergrund veröffentlicht und macht den geschmückten Baum international populär. Auch nach Amerika bringen deutsche Auswanderer die Tradition mit und 1891 schließlich wird der erste »Christmas Tree« vor dem Weißen Haus in Washington aufgestellt.
Wer kennt ihn nicht: den amerikanischen, von einer Getränkefirma geprägten Weihnachtsmann in rot-weißer Kluft mit Rauschebart und Rentierschlitten (oder Weihnachts-LKW), der erstmals 1931 auftritt.
Dabei geht die Tradition des Schenkens ja viel weiter zurück. Angelehnt an den hl. Nikolaus, Bischof von Myra, werden gerade in katholischen Häusern lange Zeit am 6. Dezember Geschenke an die Kinder verteilt. Bei den evangelischen Christen kommt zu Jesu Geburt am 24. Dezember das Christkind. Und bekanntermaßen entwickelt sich Heiligabend zum Fest der Geschenke.
Der Weihnachtsmann taucht im 19. Jahrhundert in verschiedenen Gedichten und Bildern auf, z.B. bei Hoffmann von Fallerslebens »Morgen kommt der Weihnachtsmann« von 1835, abgedruckt auch im Münchner Bilderbogen.
Das zugehörige Bild zeigt einen alten Mann mit langem, weißem Bart, einem Mantel mit Fellbesätzen an den Ärmeln und ebenso eine Mütze mit Fellkrempe.
Die Gaben, die in dem Gedicht erwähnt werden, z.B. Säbel, Gewehr und Kriegsheer, irritieren hier ebenso wie die auf dem Bild gezeichnet Schachtel mit »30 Soldaten«. Sie sind im Blick auf die Zeit zwischen Julirevolution 1830 und Revolution 1848/49 zu deuten. Gerade bei Fallerslebens Gedichten spiegelt sich der Wunsch nach einer Änderung der Machtverhältnisse und einem einigen Deutschland wider.
In den amerikanischen Bürgerkrieg schickt der Zeichner Thomas Nast, geboren in Landau, ausgewandert 1846 nach New York City, »Santa Claus in Camp« zu Weihnachten 1862.
Auf dem Bild bringt ein Mann mit langem Bart und einem fellbesetzten Mantel mit Stars und Stripes den Unionssoldaten kleine Geschenke, Socken und die »Harpers Weekly«, die Zeitung, in der das Bild abgedruckt wird. Er kommt mit einem Schlitten in das Lager der Soldaten, der von Rentieren gezogen wird. Die Zeichnung kommt so gut an, dass Nast in den folgenden Jahren Santa Claus vielfach zu Weihnachten so zeichnet.
Die Zeichnungen, sowohl im Münchner Bilderbogen als auch die von Thomas Nast, ähneln in vielem der Werbefigur, die wir heutzutage als Weihnachtsmann sehen.
Mir scheint, sie haben nur das Fell in weiß und den Mantel in rot gefärbt, einen Gürtel dazu, und voilà.
128. Speculaci oder Theeletterchen an den Weihnachtsbaum. No. 1.
Ein Pfund Zucker, 4 Eier, Zimmet und Zitronenschale unter einander gemischt, 12 Loth ausgewaschener Butter und ein Pfund Mehl durchgearbeitet, den Teig über Nacht oder wenigstens einige Stunden an einen kalten Ort gelegt, dass er hart werde; dann ausgerollt, schnell in Formen gedrückt, den Teig mit dem Messer rings herum abgeschnitten, die Figuren auf einer Platte langsam gelb gebacken.
Anmerk. In Ermangelung der Formen kann man von feinem Pappendeckel Figuren ausschneiden, solche auf den Teig legen und mit dem Messer rund herum den Teig abschneiden.
137. Zimmetsterne.
Ein Pfund Zucker, 2 Loth Zimmet, fein geschnittene Zitronenschale wird mit dem Schnee von 6 Eiweiß ¼ Stunde stark gerührt, dann nimmt man etwas davon heraus, gibt 1 Pfund Mandeln zur Masse, die mit einem Tuche abgerieben und mit der Schale und etwas Eiweiß gestoßen worden sind. Dann wird der Teig ausgerollt, Sterne oder beliebige Figuren davon ausgestochen, mit dem zurückbehaltenen bestrichen und auf einem mit Wachs abgeriebenen Blech langsam gebacken.
Davidis, Henriette: Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche. 4. Aufl. Bielefeld, 1849, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/davidis_kochbuch_1849/363>.
Danke Dir, dass Du die historische Kriminalpost abonnierst und liest. Gerne kannst Du mir gerne über mein Kontaktformular schreiben, was Dir gefällt und was Du gerne lesen möchtest.
Ich wünsche Dir eine besinnliche Zeit, ein frohes Fest und alles Gute für Dich und die Deinen.
Bis zur nächsten Post im Januar
Viele Grüße
Maria