Eine große Demonstration wird erwartet. Schon am Vormittag strömen die ersten Menschen auf den Schlossplatz. Wird der König ihre Forderungen erfüllen? Die Stadtverordneten versammeln sich, sie haben eine Brief von Innenminister von Bodelschwingh bekommen. Er teilt ihnen im Vertrauen mit, dass ein Patent zur Pressefreiheit ebenso wie die Einberufung des Landtages auf Anfang April schon vorbereitet ist. Aber laut Bodelschwingh muss eine Demonstration vor dem Schloss vermieden werden. Die Stadtverordneten beschließen daraufhin, die Adresse an den König sofort zu übergeben. Dann werden hoffentlich weniger Menschen demonstrieren.
Die Nachricht rauscht durch die Stadt: Der König hat die Forderungen bewilligt. Und nun lassen die treuen Berliner Bürger auf den Schlossplatz ihren König hochleben. König Friedrich Wilhelm IV. tritt auf den Balkon und hält eine kurze Rede, in der die Pressefreiheit verkündet, eine Verfassung formuliert werden soll und Preußen sich an die Spitze der deutschen Bewegung setze. Der Jubel ist groß, die Zylinderhüte fliegen in die Luft. Doch neben den Bürgern, die jetzt zufrieden nach Hause gehen wollen, gibt es auch Männer auf dem Platz, die berauscht von dem Erfolg noch mehr Zugeständnisse fordern wollen. Und es gibt die Männer, die gänzlich unzufrieden sind.
Nach seiner Rede isst der König zu Mittag, während auf dem Platz vor dem Schloss die Stimmung kippt. Im Schloss wurden Soldaten stationiert, die durch die Portale zu sehen sind. „Militär raus“ Rufe werden immer lauter, bis der Jubel abebt, und die Forderung aus tausenden Stimmen erschallt. General von Prittwitz, für sein hartes Vorgehen bekannt, reitet mit seinen Soldaten und gezogenem Säbel auf den Platz und versucht die Menge zu zerstreuen. Doch die Männer drängen immer näher zum Schloss, auch um den Soldaten auszuweichen. Da lösen sich zwei Schüsse, Panik bricht aus. Das Unvorstellbare ist passiert.
„Der König schießt auf seine Bürger! Zu den Waffen! Baut Barrikaden!
Teilweise sind die Barrikaden zwei oder drei Stockwerke hoch. Sie bestehen aus allem, was gerade greifbar war: Umgekippte Lastkarren, Verkaufsbüdchen, Rinnsteinabdeckungen, Bretter, Schränke … und die Revolutionäre sind mutig, aber schlecht bewaffnet. Was helfen Säbel und Mistgabel gegen die Gewehre der Soldaten. Manch Büchsenhändler gibt freiwillig seine Wahre heraus, Kugeln werden aus Blei vor Ort gegossen. Frauen und Kinder bringen Essen und Trinken.
Die Soldaten sind auch hungrig, ihre Versorgung lief in den letzten Tagen schlecht. Aber auch hungrig nach Blut. Unbarmherzig schlagen sie auf die Kämpfer ein, wenn sie sie denn zu fassen kriegen. Für den Häuserkampf sind sie nicht ausgebildet, aber wenn sie in den Wohnungen verbliebene Revolutionäre, oder Menschen, die sie dafür halten, finden, lassen sie ihrer Wut freien Lauf. Oft schießen sie die Aufständischen gleich vor Ort nieder, manch Verhafteter „stürzt“ die Treppe runter, oder wird an den Haaren aus dem Haus gezerrt.
Dennoch halten viele Barrikaden und ihre Kämpfer den Angriffen stand, selbst als Kanone und Kartätschen zum Einsatz kommen. Ist eine Barrikade gefallen, wird hundert Meter dahinter die nächste gebaut.
In der Nacht ist der Lage in Berlin ungewiss. General von Prittwitz sieht keine Möglichkeit, mit seinen Truppen alle Straßen Berlins zu erobern, deswegen empfiehlt er, dass der König nach Potsdam in Sicherheit gehe. Dann könne man die Stadt von Außen abriegeln und mit schwerer Artillerie einnehmen.
Der König lehnt ab.
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