Historische Kriminalpost

 

 

 

 

 

 

 

 

Die historische Kriminalpost vom Januar 2025

Neues aus Berlin 1850

Hallo!

Auch wenn der Januar schon fast vorbei ist, draußen frühlingshafte Temperaturen die Natur verwirren (auf jeden Fall bei mir im Süden) und ich noch nicht abschätzen kann, was das Jahr für mich bringt:

Ich wünsche Dir ein gutes, gelingendes, Träume erfüllendes und Schrecken abwehrendes Jahr 2025!

In dieser Kriminalpost liest Du einen kurzen Abriss der Leistungen von Polizeipräsident Karl von Hinckeldey, der von 1848 bis 1856 der Berliner Polizei vorstand. Es gibt eine neue Rubrik »Kurioses«: nette Informationen, auf die ich bei der Recherche gestoßen bin, die Leseempfehlung: BLUTIGER SOMMER von Gabriella Wollenhaupt und Friedemann Grenz und für alle, die gerne schreiben, zwei Impulse aus meinem Adventskalender »Schreibst du schon?«.

Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey – geliebt und gehasst

Dem ersten Polizeipräsidenten von Berlin, Karl Justus von Gruner (1809-1811) folgen neun weitere bis am 18.11.1848 Karl v. Hinckeldey vom König Friedrich Wilhelm IV. berufen wird. Er bekommt den Auftrag, nach der Revolution und den Unruhen wieder für »Ruhe und Ordnung« in Berlin zu sorgen.

Und v. Hinckeldey greift durch: Er überzeugt den König, die temporäre (für die Dauer der Revolution) gegründete Schutzmannschaft in eine dauerhafte Schutzpolizei umzuwandeln, deren 1800 Angehörige bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen, z.B. unter 40 Jahre alt, körperlich fit sein und im Militär gedient haben.

Vor der Revolution konnte der jeweilige Polizeipräsident nur auf 60 Wachtmeister zurückgreifen, die im Revierbüro anzutreffen waren. Bei Not wurde die ländliche Gendarmerie hinzugerufen, die aber dem Kriegsministerium unterstand.

Nun patrouillieren die schlicht in blau-grauer Uniform gekleideten Schutzmänner durch die Straßen und greifen bei jeglichen Vergehen gleich und meist hart durch. Nach der spektakulären Flucht von Gottfried Kinkel (siehe auch Kriminalpost 11 / 2024) wird auch die Polizei neu strukturiert und personell aufgestockt. Denn es geht um die Beobachtung und Zurückdrängung der demokratischen Kräfte. So lässt v. Hinckeldey insbesondere die Kreuzzeitung kontrollieren, was sich schnell zu einer persönlichen Gegnerschaft entwickelt, kontrolliert die Theaterstücke und baut ein immenses Netz aus Spitzeln und Denunzianten auf.

Aber v. Hinckeldey setzt sich auch für die Stadt ein, schafft z.B. die erste Berufsfeuerwehr und ordnet ihr die Stadtsprengung zu. Denn insbesondere in den Sommermonaten ist Berlin eine heiße und stinkende Stadt, und von den außerhalb liegenden, gerodeten Flächen weht der Sand durch die Straßen. Um etwas Erleichterung zu schaffen, wässern (sprengen) die Löschkutschen in den frühen Morgenstunden die Alleen, Boulevards und Straßen.

Dank v. Hinckeldey wird eine Kanalisation gebaut und der Unrat der Straßen aus den offenen Rinnsteinen unter die Erde verbannt. Für das erste Wasserwerk verhandelt er 1852 die Konditionen mit der englischen Berlin Waterworks Company, um »die Stadt Berlin mit fließendem Wasser zu versehen, so dass für die Reinlichkeit in den Straßen gesorgt, den Haushalten ein brauchbares Wasser zugeführt, auf verschiedenen Plätzen der Stadt fließende Brunnen errichtet, das zum Löschen nöthige Wasser bei einem Brande in Wasserständern bereit gehalten und der Gesundheitszustand und die Behaglichkeit der Einwohner gefördert werde« [aus dem Order von Friedrich Wilhelm IV. zum Abschluss des Vertrages, 1852]

Das Wasserwerk vor dem Stralauer Tor pumpt mit Hilfe von Dampfmaschinen ab 1856 das Wasser der Spree durch verschiedene sandgefüllte Filterbehälter (wichtig im Kampf gegen die Cholera) in ein Reservoir und verteilt es durch ein ausgeklügeltes Rohrleitungssystem in der Stadt.

Den vielen guten Einrichtungen, unter anderem z.B. Volksbade- und Waschanstalten, Volksküchen und Gesindeherbergen, stehen die massiven Verfolgungen gegen die demokratischen Kreise entgegen. So gibt es mit v. Hinckeldey’s Wissen und seiner Billigung, wenn nicht sogar auf seinen Befehl hin, teils ungerechtfertigte Verhaftungen, Hausdurchsuchungen, gewaltsame Verhöre und mehr. Er legt sich aber auch mit dem Militär und dem Adel an, was ihm letztendlich das Leben kostete. Doch dazu in einer der folgenden Kriminalbriefe mehr.

Kurioses aus der Zeit

Bei meinen Recherchen stoße ich immer wieder auf interessante und merkwürdige Dinge oder Tatsachen. Unter dieser Rubrik werde ich Dir davon erzählen.

Heute geht es um die »Rettungskästen«:

»Alles, was zur Anstellung von Wiederbelebungsversuchen der Ertrunkenen, Erfrorenen, Schlagrührigen von Seiten der Behörde gethan wird, ist die Bereithaltung besagter Kasten an 6 verschiedenen Orten einer Stadt von 2 Meilen Umfang.

Diese Rettungsapparate, wollene Decken, Bademantel, Klystierspritze, Bürsten, Blasebalg, Schlundröhre, Aderlasszeug [!], Styptica und Analeptica enthaltend, befinden sich in Gewahrsam von Portiers, Thorschreibern u.s.w., von denen sie bei vorkommenden Fällen abgeholt werden.« [Versuch einer medicinischen Topographie und Statistik von Berlin, Wollheim, 1844]

Stell Dir vor, schon vor 175 Jahren gab es – im weitesten Sinne – einen Erste-Hilfekasten bzw. eine Defibrillator Station.

BLUTIGER SOMMER von Gabriella Wollenhaupt und Friedemann Grenz

In der Kriminalpost vom April [4/2024] habe ich Dir den ersten Band »Leichentuch und Lumpengeld« vorgestellt, in dem die junge Rachel Grünblatt am Ende mit dem Sonderermittler Justus von Kleist nach Berlin geht. Inzwischen sind die beiden verheiratet, leben in Potsdam bzw. Berlin, und Rachel ist auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung. Ihr Mann ermittelt derweil in zwei Fällen, in denen Frauen belästigt und brutal getötet werden. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen in Berlin.
Wie beim ersten Band erinnert der Schreibstil im Präsens, mit kurzen Sätzen eher an einen Bericht, zieht aber auch im zweiten Band in die Geschichte hinein. Lange ist nicht klar, wie sich alles zusammenfügt, und ich muss einfach weiterlesen. Dieser historische Kriminalroman zeichnet ein an vielen Stellen erschreckendes, berührendes und authentisches Bild der damaligen Gesellschaft von Armut über Judenhass (auch damals schon; #NieWiederIstJetzt) bis zu den Gepflogenheiten der »besser gestellten« Leute.
Ein spannender Blick auf das Berlin von 1846, der sich lohnt.
»Blutiger Sommer« von Gabriella Wollenhaupt und Friedemann Grenz, GRAFIT Verlag, 2012.

Schreibst du schon?

Ich habe in meinem Adventskalender 2024 abwechselnd ein Wort aus dem Buch »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint-Exupéry und einen Satz aus der Anthologie »dem Vogel geht es gar nicht gut« von der Schreibgruppe Wortstärke 7 ausgewählt.

Den kleinen Prinzen schätze ich sehr, und als ich ein Magnetset mit Wörtern aus der Geschichte sah, konnte ich nicht widerstehen. Die Geschichten aus dem Vogel liegen mir auch am Herzen und sie sind aus genau solchen Schreibimpulsen entstanden. Wäre schön, wenn sie wiederum zum Schreiben anregen.

Wenn Du möchtest, kannst Du selbst zur Feder greifen. Und das meine ich (fast) wortwörtlich:

  • Schreibe mit der Hand, setze nicht ab, sondern lass die Worte aus dem Stift auf das Papier fließen.
  • Nimm Dir eine bestimmte Zeit vor, bei mir haben sich 20 bis 25 Minuten etabliert, aber es geht auch weniger.
  • Schalte alle Ablenkungen aus und das gilt auch für die inneren Stimmen, die Dir vielleicht negative Gedanken zum Schreiben einflüstern wollen. Du kannst das.

Hier also ganz unzensiert die beiden Impulse.

Erster Schreibimpuls:

Ab heute trainieren wir unsern Schreibmuskel!
Mit einem Impuls, einem Wort oder einem Satz starten wir in unsere Schreibzeit.

Wenn Du 3 Minuten wartest, bis der Tee fertig gezogen ist: Schreibe.
Wenn Du in 5 Minuten einen Termin hast: Schreibe.
Wenn Du 10 Minuten auf dem Handy spielen würdest: Schreibe stattdessen.
Wenn Du 20 Minuten Zeit hast: Schreibe.

Das erste Wort, das ich aus dem kleinen Prinzen ausgewählt habe, lautet:

FLUGZEUG

Nimm den Stift in die Hand.
Schließe die Augen.
Atme 3 Mal tief ein und aus.
Vielleicht hast du ein Flugzeug vor Augen.
Öffne die Augen.
Schreibe los.

Zweiter Schreibimpuls

Folgendes Zitat ist der erste Satz aus der Geschichte »Elfi und Hermann« von Babette Fritzsching (zu finden in der Anthologie »dem vogel geht es gar nicht gut«)

»Schon lange standen du und ich nebeneinander am See und genossen die Aussicht.«

Schreibe vom See, dem Wasser, den Booten, oder auch von der See …

Die erste Geschichte »Elfi und Hermann« aus der Anthologie »dem vogel geht es gar nicht gut« gibt es als Leseprobe.
Lies im Ebook, was passieren wird: https://buchshop.bod.de/dem-vogel-geht-es-gar-nicht-gut-marion-faehrmann-9783758347726

Weitere Schreibanregung:
Schau aus dem Fenster. Was siehst Du?
Erinnere Dich an eine schöne Aussicht. Was könnte dort passieren?

Fröhliches Schreiben!

Gerne kannst Du mir erzählen, wie Dir die Impulse gefallen haben, ob sie Dich zu Deinen Geschichten inspiriert haben und was Du in den kommenden Briefen lesen möchtest. Antworte mir einfach auf diese Email.

Schreibe mir gerne über mein Kontaktformular, ich freue mich auf Deine Meinung.

Bis zur nächsten Post

Viele Grüße

Maria

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09 2024: Wilhelm Stieber – Eine bewegte Lebensgeschichte (Teil 1)

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